2025 feiern wir den 120. Geburtstag des Kulturphilosophen und Dichters Jean Gebser (1905–1973). Das neu erschienene Buch von Daniel Zöllner ist ein Beitrag zur Würdigung des Philosophen aus Anlass des Jubiläums seiner Geburt. Gebser hat eine Philosophie entwickelt, die nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat. Er zeigt, dass das menschliche Bewusstsein keine feste, zeitlose Größe ist, sondern sich historisch entfaltet hat. In seinem Hauptwerk Ursprung und Gegenwart (erschienen in zwei Bänden 1949 und 1953) unterscheidet Gebser fünf „Strukturen“ des Bewusstseins, die jeweils verschiedene Wahrnehmungen von Zeit und Raum ergeben.

Das Problem der Zeit rückt bei Gebser ins Zentrum des Denkens. Demnach ist unser gegenwärtiges Bewusstsein geprägt durch eine Fixierung auf den Raum, dem die schöpferische Wirklichkeit der Zeit unterworfen wird. Nur eine Überwindung der gegenwärtigen Raumfixierung durch eine Integration aller „Bewusstseinsstrukturen“ kann nach Gebser der Zeit ihre zentrale Rolle zurückgeben und eine neue, „integrale“ Struktur des Bewusstseins ermöglichen. Das Ziel Gebsers ist „jene Diszipliniertheit, der das dunkle Schluchzen des Kreatürlichen, das doppeldeutige Bild der Seele und der zerreißende Gegensatz des Denkens durchsichtig wird.“

Das Buch Zöllners ist eine klar gegliederte, souveräne und komprimierte Darstellung von Gebsers zentralen Gedanken in ihrer Bedeutung für die Gegenwart. In seiner Klarheit und Nüchternheit ermöglicht das Buch ein zeitgemäßes Verständnis von Gebsers Konzeption sowie ihrer Stärken und Schwächen. Bewusstsein und Zeit in neuer Sicht ist notwendig für jeden, der an Gebser und an einem tiefschürfenden Verständnis der gegenwärtigen Umbrüche interessiert ist. Die kleine Schrift kann für den Leser die Grundlage eines eigenen Verständnisses und eigener Stellungnahmen zum Werk Gebsers werden.